Die Gestrandeten Band 1
NebelFisch
In der archaischen Welt von „Unten“ währt das Glück der Bewohner immer nur für eine Generation – dann sendet der Berg im Zentrum eine tödliche Flut über die Menschen, die diese Prüfung nur durch den Schutz der strengen Wächter überleben können.
„Achte die Zeit!“
Wo die Nebeltide vom Berg herabsteigt, liegt das Revier von Dev, einer jungen Jägerin aus dem Waldland. An der Grenze zum NICHTS über dem Berg steht die Welt auf dem Kopf: Seltsame Dinge zeigen sich dort und fremde Wesen. Diese Geheimnisse ziehen Dev magisch an, und als sie trotz der Verbote der Wächter zusammen mit ihrem Freund Ion herausfindet, wie die Vorgänge im Nebel mit dem Verschwinden ihrer Mutter zusammenhängen, sind die beiden plötzlich in höchster Gefahr…
Leseproben Band 1:
Aufbruch
Der Regen kitzelt meine Zehen und läuft mir kühl in die Kniekehlen.
Ich freue mich auf das Meer.
Die Füße auf dem Geländer unserer Terrasse lehne ich mich in meinen Bambussessel zurück und schaue hinaus in den Dunst über den Baumwipfeln.
Nach der nächsten Schlafzeit werden wir aufbrechen.
Khi kommt die Leiter herauf und setzt sich neben mich. Sie hat eine Schale mit Früchten mitgebracht, die sie zwischen uns stellt.
Wir blicken gemeinsam über den dampfenden Wald und das Meer, hinüber zum fernen Berg. Dort, im aufsteigenden Nebel, ragt der Gipfel auf, ewig verborgen im Wechsel von Ebbe und Flut.
Khi sagt nichts.
Aber ich sehe, dass sie mitkommen möchte.
»Bald«, sage ich. »Es ist noch zu gefährlich für dich. Aber bald wird Pa dich auch mitnehmen.«
Sie seufzt.
»Vielleicht …«, überlege ich. »Vielleicht fange ich eins von den ganz Kleinen und bringe es dir mit. Dann könntest du es in einem Käfig in Mhas Koje halten und dich darum kümmern.«
Sie schaut mich von der Seite an. »Ich will zwei«, sagt sie. »Sonst fühlt sich das eine so allein.«
Vom Berg her kommt das Mittagssignal: Zwei lange, tiefdröhnende Töne. Sie wälzen sich heran wie die großen Wellen unten an der Küste bei Wind.
Ich stehe auf und streiche Khi durchs Haar. Dann drehe ich mich weg und steige hinunter, um meine Jagdausrüstung vorzubereiten.
Von denen, die nicht schlafen
Wir schauen hinaus aufs Meer, wo die großen Amons ihre unsichtbaren Bahnen ziehen, wo ruhelose Fischwolken sich im Wasser mit den Spiegelbildern der Wolken unter dem leuchtenden Himmel vermischen.
Wir warten auf das Abendsignal. Als der dröhnende Stoß vom Berg herunterkommt, fahren wir alle zusammen wie unter einem Schwall kalten Wassers. Die Lautstärke lässt den Boden zu unseren Füßen erzittern. Ka hält sich erschrocken die Ohren zu, bis der Signalton verklungen sind.
»Zeit zum Schlafen«, sagt Bo. »Wenn ihr mögt, erzähle ich euch drinnen noch eine Geschichte.«
Wir gehen ins Haus. Müde legen wir uns auf die Pritschen.
Om hängt eine Decke vor die Tür und tastet sich im Dunkeln zu seinem Schlafplatz.
Als es still ist, fängt Bo an, seine Schlafgeschichte zu erzählen …
Von denen, die nicht schlafen
Wenn wir Menschen schlafen, werden wir an die uralte Zeit erinnert, als wir noch unsterbliche Götter waren und über dem Berg in der Dunkelheit wohnten. Im Traum können wir Dinge tun, die Menschen unmöglich sind, wir können höchste Gefahren bestehen und Geschehnisse voraussehen, die noch in der Zukunft liegen. Schlafend erlangen wir, was wir im Wachen so notwendig brauchen: die ruhige Besinnung, um mit unseresgleichen in Frieden zu leben und die wehrhafte Kraft, um uns vor Feinden und tödlicher Bedrohung zu schützen.
Doch nicht allen Menschen ist die Notwendigkeit des Schlafes höchstes Gebot und oberste Regel. Auch seit die Wächter einst die Aufgabe übernommen hatten, die Zeit zu behüten, auf dass ein jeder sie achte und dem Schlaf den zugemessenen Respekt widme, gab und gibt es doch manchmal Uneinsichtige, die Zweifel am Nutzen des Schlafes haben. Sie halten den Schlaf für sinnlos vergeudete Zeit, und die gemeinsame Einhaltung der Ruhe zwischen dem Abend- und dem Morgensignal scheint ihnen eine unrechte Einschränkung ihres freien Willens.
Einer von diesen war ein junger Mann mit dem Namen Waa, der noch bei seinen Eltern wohnte.
Eines Tages beschloss Waa, auf das Schlafen zu verzichten. Lieber wollte er, während alle anderen sich in das Dunkel ihrer Kojen zurückzogen, draußen umherziehen und erkunden, was man mit der gewonnenen Zeit alles anfangen könne. Also legte er sich am Abend wie die Anderen zur Ruhe und wartete, bis er den ruhigen Atem der Schlafenden hörte. Dann verließ er seine Liegestatt und ging nach draußen um zu sehen, was in der Welt geschah, während alle ruhten. Er lief durch die Waldsiedlung, über Stege und Treppen, ohne einen Menschen zu treffen, bis zum großen Platz, der jetzt völlig leer war. Es war sehr still, nur das Geräusch von Waas Schritten hallte unnatürlich laut von den Wänden der umliegenden Hütten zurück. Er schlich von Haus zu Haus, spähte hinein und sah die Bewohner in ruhigem wehrlosem Schlaf.
‚Wenn jetzt jemand mit bösen Absichten käme‘, dachte Waa, ‚so könnte er diese Ahnungslosen alle töten. Sie würden es vielleicht nicht einmal bemerken bis zum letzten Augenblick.‘ Er fragte sich, woher diese Gedanken in seinem Kopf kamen, konnte aber keine Antwort finden. Es war fast gewesen, als hätte jemand anderer ihm leise ins Ohr gesprochen.
Er ging zurück auf den Platz. Ein lautes Geräusch ließ ihn zusammenfahren – ein Schwarm Vögel, aufgeschreckt durch die außergewöhnliche Anwesenheit eines Menschen zu dieser Zeit, flog über dem Platz auf und verschwand hinter den Baumwipfeln.
Waa verließ das Dorf und stieg hinunter zum Flusspfad. Er wollte sehen, ob auch die Lebewesen des Waldes zu dieser Zeit schliefen. ‚Vielleicht kann ich ein Tier im Schlaf überraschen und töten. So wäre es ein Leichtes, an Fleisch zu kommen, ohne die Mühsal der Jagd.‘ Auch diesmal kamen die Worte von irgendwoher, als hätte sie ihm jemand zugeflüstert.
Am Meerfluss ging er ein Stück entlang, und bald traf er wirklich auf ein Wasserschwein, das im Uferschlamm lag und friedlich schlief. Er schlich sich an, zog sein Messer und schnitt dem Schwein die Kehle durch. Es starb, ohne einen Laut von sich zu geben. Waa packte sich das Schwein auf die Schultern. Stolz und über und über mit Blut beschmiert ging er zurück zur Siedlung. Er fühlte sich stark und mutig wie ein großer Jäger.
Als er die Treppe zum großen Platz hinaufschritt, hörte er oben jemanden leise seinen Namen rufen:
‚Waa…, Waa…‘
Mitten auf dem Platz sah er eine Gruppe von Gestalten stehen. Es waren hässliche, gebeugte Wesen mit lichtheller, durchscheinender Haut. Sie hatten das Aussehen von uralten, kranken Menschen, verwahrlost und aufgegeben. Sie warteten dort auf dem Platz auf ihn, mit leeren Blicken, schweigend. Nur die vorderste in der Gruppe, ihre Anführerin, sah zu ihm herüber und rief nach ihm. Die schaurige, flüsternde Stimme kam ihm jetzt irgendwie bekannt vor.
‚Waa… Komm her zu uns, Waa!‘
Er setzte das tote Schwein auf dem Boden ab und starrte hinüber.
Es waren Rander! Die Erzfeinde der Menschen vom Rand der Welt! Als Kind hatte er einmal welche gesehen – aber als Leichen. Auf dem Weg zu den Kavernen waren sie neben dem Pfad gelegen, getötet von den Wächtern. Wie kamen diese Kreaturen hierher in die Waldsiedlung?
‚Komm zu uns, Waa…‘
‚Was wollt ihr von mir?‘ Waa versuchte, mutig zu klingen.
Er ging ein wenig auf die Rander zu. Dabei sah er, dass nicht nur ihre Haut, sondern der ganze Körper der Gestalten selbst durchsichtig war. Er konnte das, was hinter ihnen war, durch sie hindurchsehen.
‚Wer seid ihr?‘
Die Anführerin, die alle anderen überragte, trat einen Schritt nach vorne auf Waa zu.
‚Wir sind die Geister vom Rand der Welt‘, flüsterte sie. ‚Wir sind die, die nicht schlafen. Wir sind die, die nicht zurückkehren dürfen. Wir suchen nach unseresgleichen.‘
Da erinnerte sich Waa an eine Geschichte, die ein Alter auf dem Dorfplatz ihnen als Kinder erzählt hatte: Die Geschichte von den Randgeistern, die durch die Welt ziehen und Menschen holen. Es sind die wandelnden Geister der Rander, dieser lichtscheuen blutgierigen Kreaturen aus den finstersten Winkeln unserer Welt. Die Rander selbst können den Rand nicht überschreiten und sind verdammt, dort auf ewig im Dunklen zu hausen, hungrig und verzweifelt. Sie leben von kriechendem Getier und manchmal auch von verirrten Menschen, die sich in die gefährliche Gegend der Kavernen begeben müssen, um sich vor der Flut zu retten. Wenn die Rander vor Hunger und Blutdurst dem Irrsinn nahe sind, senden sie ihre Geister aus, um nach Beute zu suchen. Die Randgeister lassen ihre Hülle zurück und machen sich als körperlose Wesen auf die Suche nach Opfern, die sie zum Rand locken und fressen können. Oder sie suchen nach ihresgleichen unter den Menschen – Schlaflose, die sie mit bösen Gedanken zu schändlichen Taten an wehrlosen Menschen und Tieren anstiften, und die dann, selbst zu Randern geworden – mit ihnen ins Dunkel hinausziehen müssen.
Waa begriff, dass er von den Randern gerufen worden war. Er hatte den Schlaf gemieden. Er hatte ein wehrlos schlafendes Tier getötet. Und er hatte daran gedacht, seine Mitbewohner zu ermorden.
War er selbst ein Rander?
‚Du bist einer von uns, Waa‘, raunte die Anführerin der Randgeister. ‚Komm mit uns. Komm mit zum Rand, dort kannst du nach Herzenslust töten und dich im Blut deiner Feinde baden. Und du wirst nie wieder schlafen müssen, wie diese Weichlinge hier im Dorf. Sie werden sich vor dir fürchten und vor deiner Stärke zittern.‘
Die Zeit zwischen Abend und Morgen war schon fortgeschritten, und eine schwere Müdigkeit hatte sich über Waas Denken gelegt, die er sich aber nicht eingestehen wollte. Die Worte des Randgeistes schienen ihm verlockend. Sie kreisten in seinem Kopf herum und wurden zu seinen eigenen Gedanken. Er wollte stark, er wollte unbesiegbar sein. Er kämpfte gegen den Schlaf an, sah auf das geronnene Blut hinunter, das die Haut seiner Brust und seiner Schultern bei jeder Bewegung spannte. Mit einem Ruck richtete er sich auf und sah in die fahlen Augen des Randgeistes, der jetzt direkt vor ihm stand.
Er fühlte sich stark und unbesiegbar.
‚Ich komme‘, sagte er. Und er erschrak über seine eigenen Worte. Seine Stimme klang schwach und verzweifelt. Aber er konnte nicht zurück. ‚Ich komme mit euch.‘
Da ging ein Aufseufzen durch die Schar der Geister, und plötzlich schauten ihn alle aus ihren durchsichtigen Augen an. Die Anführerin legte Waa ihre knöchernen Hände auf die Schultern.
‚Waa! Du bist jetzt ein Rander…‘, flüsterte ihm die Stimme ins Ohr. ‚Du kommst mit uns, Waa… Aber zuvor…‘ Die spitzen dürren Finger des Randgeistes bohrten sich in seine Schultern. ‚Zuvor musst du sie töten. Töte sie alle, Waa!‘
‚Töte sie! Töte sie alle!‘ klang es aus den durchsichtigen Mündern der Geister, die jetzt in einem Kreis um ihn herumschritten und unaufhörlich wiederholten: ‚Töte sie! Töte sie alle!‘
Waa war jetzt so müde, dass er die Augen kaum mehr offenhalten konnte. Alles drehte sich um ihn, er selbst drehte sich im Kreis der Randgeister und murmelte mit ihnen: ‚Töte sie… Töte sie alle…‘
Er zog das Messer aus seinem Gürtel. Es war noch beschmiert mit dem Blut des Schweines.
‚Töte sie! Töte sie alle!!‘
Mit dem Messer in der erhobenen Faust betrat er die erste Hütte, gefolgt vom Zug der Randgeister. Er trat an eine Liege heran und zog leise den Vorhang zur Seite. Friedlich schlief ein kleines Mädchen darin, seine Puppe im Arm.
‚Töte sie!! Töte sie!!!‘
Waa senkte lautlos sein Messer an den Hals des Mädchens, so wie er es zuvor bei dem Wasserschwein getan hatte. Aus halb geschlossenen Augen blickte er in den Kreis der durchscheinenden Gesichter, die sich um die Liege versammelt hatten. Sie flüsterten jetzt fast unhörbar: ‚Töte sie… Töte sie…‘
Er atmete noch einmal tief ein und setzte sein Messer für den Schnitt an. Die Geister verstummten, sie schienen ebenfalls den Atem anzuhalten.
In diesen Moment der Stille brach laut und dröhnend das erste Morgensignal vom Berg. Das kleine Mädchen schlug die Augen auf. Als das zweite Signal ertönte, steckte es verwundert den Kopf aus der Koje.
‚Wer hat meinen Vorhang weggezogen?‘ fragte es.
Aber es war niemand zu sehen.
Als die Menschen aufgestanden waren, fanden sie mitten auf dem großen Platz ein getötetes Wasserschwein. Niemand wusste, woher es gekommen war, deshalb vergruben sie es unten im Wald. Dann merkten sie, dass Waa nicht da war. Sie suchten ihn überall, aber er war und blieb verschwunden. Keiner sprach mehr von ihm.
Im Dunkel
Ich rieche Blut.
…
Meine Augen…!?
Ich will sie öffnen, aber die Wimpern kleben aneinander.
Mein Kopf schmerzt fürchterlich…
Etwas brennt und pocht in meinem Hinterkopf wie hundert Bienenstiche.
Ich schneide schmerzhafte Grimassen, presse Brauen und Wangen zusammen, so fest ich kann, und ziehe sie dann ruckartig auseinander. Nach mehreren Versuchen lockert sich der Schorf an einer Stelle. Zäh reißend lösen sich die Wimpern eines Auges voneinander.
Ich sehe… nichts!?
Bin ich blind?
Oder ist es stockdunkel um mich herum?
Unheimliche Geräusche…
Kalte, modrige Luft.
Und der klebrige Gestank von Blut, stechend und übel, stark wie beim Ausbluten und Zerlegen einer großen Jagdbeute, vermischt mit dem Geruch von verspritzten Körpersäften, von rohem Fleisch und Innereien.
Bin ich das? Bin ich so schwer verletzt?
Ich versuche, mich abzutasten. Doch ich kann mich nicht bewegen.
Ich bin gefesselt! An den Handgelenken spüre ich den Druck rauer Stricke.
Auch meine Füße sind fest aneinandergebunden.
Ich lehne halb liegend an einer rauen feuchten Wand, der Fels drückt schmerzhaft in meinen Rücken. Aber soweit ich spüren kann, ist die Wunde an meinem Kopf die einzige Verletzung.
Der Stein!
Ich erinnere mich…
Die Rander!
Sie haben mir einen Stein auf den Kopf geworfen, dann bin ich umgekippt…
Nein… da war noch etwas…
Der Anführer! Der Große!
Er war plötzlich hinter mir und hat mir noch einen Schlag versetzt…
Der Erinnerung treibt den Schmerz jäh in den Vordergrund meines Bewusstseins. Er strahlt pulsierend vom Kopf in den Nacken und sendet brennende Wellen durch meinen Körper. Sie werden stärker und schwächer… stärker und schwächer… ziehen mich nach unten, in eine Region von dumpfem, schwerem Druck… und noch weiter hinab… in ein tiefes, empfindungsloses Dämmern…
Die Geräusche…
Schaben und Knacken.
Reißen und Malmen.
Schmatzen. Grunzen. Stöhnen.
Fressgeräusche!!
Quengeln und Quieken… von hungrigen Jungtieren?
Murren und Knurren.
Knuffen. Fauchen. Jammern.
Was frisst hier? Und was wird gefressen??
Ich halte die Luft an. In der Dunkelheit nehme ich Bewegungen wahr, mit dem Gehör nur… oder sind da feine Luftbewegungen an den Härchen meiner schmerzenden, klebrigen Haut? Mit der Zeit meine ich auch etwas zu sehen… ganz schwach hinter dem Rauschen der wolkigen Netzlinien, die die Schwärze meiner Wahrnehmung durchziehen, auch wenn ich die Augen geschlossen habe. Etwas ändert sich, wenn ich sie öffne: Das Dunkel wird eine Spur weniger dunkel.
In einiger Entfernung von mir gibt es einen fahlen Fleck… Von Zeit zu Zeit wird es dort kurz heller… Als ob irgendwo weit weg vor dem Eingang der Höhle – ich bilde mir jetzt ein, dass ich mich in einer Höhle befinde – ein Wetterleuchten flackert.
Vage Formen, die weniger dunkel sind als das restliche Dunkel, bewegen sich – kaum wahrnehmbar, so dass ich es nur bemerke, wenn ich nicht direkt hinsehe. Aus den Augenwinkeln bemerke ich einen schwachen, düstereren Schein, der von diesen Formen ausgeht. Die gleiche Art von Leuchten, die ich an den Gestalten der lauernden Rander über dem Hohlweg bemerkt habe… und zuletzt an der Faust, die mich zu Boden geschlagen hat.
Wie lange ist das her? Augenblicke? Tage? Ich kann es nicht schätzen. Wo bin ich hier? Wo sind die anderen? Haben sie es geschafft? Haben sie die Kaverne erreicht?
»HUNGER!«
Ich zucke vor Schreck zusammen. Der Laut war kehlig und tierisch – aber ohne Zweifel gesprochen!
»Hunger!«
»hunger – mehr essen!«
Da sind mehrere Stimmen! Laute und leisere, wild fordernde und unterwürfig flehende.
Eine Mischung aus Erstaunen und Abscheu lässt mich keuchen. Sie reden!
Noch nie war ich diesen Wesen so nahe, und noch nie habe ich sie sprechen gehört. In meiner Vorstellung waren die Rander bis jetzt primitive Ungeheuer, die sich – wenn überhaupt – nur mit angsteinflößenden Urlauten verständigen…
»Hunger!«
»Mehr ESSEN!«
»Noch anderer Mensch! ESSEN!!«
Etwas nähert sich, langsam, zögernd. Etwas schnüffelt –
»NEIN! Anderer Mensch gehört DCHIIR!«
Die schneidende Stimme direkt neben mir lässt mich erstarren. Sie klingt uralt, aber stark und befehlsgewohnt.
Etwas knurrt. Noch näher. Die Haare in meinem Nacken richten sich auf.
»WEG!!«
Ein harter Schlag. Winseln. Das Etwas zieht sich schnell zurück, dorthin, wo die anderen Stimmen waren.
Über mir regt sich ein schwaches Leuchten. Ein fahler Fleck nähert sich meinem Gesicht.
»Hfffffff…«
Ein zischendes Geräusch, das Einziehen von Luft durch die Nase… riechend, prüfend… Dann tiefes Ausatmen…
Und wieder: »Hfffffff…«
Langsames Schnüffeln… Ausatmen…
»DU?«
Bände 1 – 3
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