Die Gestrandeten Band 3
FederGott
Zurückgekehrt in die Welt von Unten geraten die Gestrandeten in die erbitterte Konfrontation zwischen den Fremden und den Wächtern – bis eine uralte Macht zum Leben erwacht, die alles verändert.
Wer hierher kommt, muss bleiben – oder muss schweigen – oder muss sterben
In der Gewalt Adams stehen Dev und ihre Gefährten den Wächtern ihrer alten Heimat nun selbst als feindliche Eindringlinge gegenüber. Um deren Zorn zu entgehen, suchen die Besucher in den verbotenen Gegenden jenseits des Berges nach einem Versteck. Doch obwohl sie dort auf unerwartete Verbündete treffen, nimmt bald ein tödlicher Kampf seinen Lauf, der schließlich das ganze Land unter dem Meer zu zerstören droht. Auf der Suche nach einem Ausweg muss Dev tief in die Rätsel der Vergangenheit ihrer Welt und ihrer eigenen Herkunft vordringen…
Leseproben Band 3:
Erste Erkundung
Die Lampe erlischt.
Der Ausstieg öffnet sich mit einem dumpfen Ruck.
Milchig grünes Zwielicht sickert in die Schleuse.
Und ein uraltvertrauter Duft von kaltem Nebel, Salz und schwerer Erde.
»Wie viel Zeit haben wir?« Adam sieht auf sein Handgelenk.
»Höchstens eine Stunde«, sagt Chan.
»Also los!« Adam gibt Shabeel ein Zeichen. Die Wala’alahas in ihren Schutzanzügen mit Helmen und schweren Stiefeln setzen sich vor uns in Bewegung, die Gewehre schussbereit hinausgereckt.
Draußen schiebt Adam Chan nach vorne. »Du gehst voraus – aber mach keine Dummheiten!« Er wirft einen Seitenblick zu mir. »Und du auch nicht. Sonst-«
»Sonst werden alle im Schiff umgebracht, ich weiß.«
Adam seufzt, seine Ohren wandern dabei nach hinten.
Der Weg nach unten führt über nackten Fels und Geröll, nass und rutschig. Über unseren Köpfen hängt stockfinster das Wasser über dem Berg. Vor uns lichtet sich der Nebel; aber noch sieht man keinen Steinwurf weit.
Chan bleibt plötzlich stehen.
»Vorsicht – hier wird’s steil«, flüstert sie nach hinten. »Da unten ist es.«
Sie deutet nach vorne. Shabeel und seine Leute nähern sich langsam der Kante. Sie knien sich zu beiden Seiten neben Chan auf den Boden. Geduckt spähen sie durch den Dunst nach unten.
Während Adam und ich ihnen folgen, macht der Vorderste plötzlich hektische Bewegungen mit der flachen Hand zum Boden. Alle ducken sich noch tiefer.
Jemand ist dort unten!
Adam zieht seine Waffe. Wir schleichen zu den Anderen an die Kante.
Aus dem Nebel ragt eine große dunkle Masse herauf. Schräg zum Hang liegt der langgezogene Körper da, das untere Ende verborgen in der Tiefe.
Der schwarze Fisch!
Wie die Erinnerung aus einem alten Traum liegt das Wrack der ersten U-DYS zu unseren Füßen, gestrandet vor unsagbar langer Zeit, gesandt vom Schicksal, um mein Leben – um unser aller Leben – aus der Bahn zu werfen.
Stimmen hallen von unten herauf. Sie kommen vom Einstieg auf der abgewandten Seite des Rumpfes.
Es klingt, als ob jemand Befehle erteilt.
Ich erhebe mich geräuschlos. Von Adam kommt ein keuchender Protestlaut. Ich beachte ihn nicht und schleiche an der Kante entlang in die Richtung der Stimmen.
An einer Stelle direkt über dem Bug lege ich mich auf den Boden. Ich halte die Luft an.
Diese Stimme…
Chan kommt leise neben mich, dann auch Adam. Er bedeutet Shabeel, dass seine Männer ihre Position halten sollen.
Wir horchen und warten.
Adam schaut nervös auf die Uhr an seinem Handgelenk.
Dann sehen wir sie: Sie kommen hinter der Silhouette des Schiffes hervor, eine Reihe von vier oder fünf Gestalten, die etwas über ihren Schultern oder vor ihrer Brust tragen.
»Waffen!«, flüstert Chan. »Sie holen Waffen raus.«
Neben den Gestalten geht ein einzelner Mann und erteilt Kommandos. Er trägt die Robe der Wächter; der Lichtstein auf seiner Brust leuchtet im Nebel.
Chan schaut mich überrascht an.
»Ist er das?«, fragt sie tonlos.
»Was reden die da?«, haucht Adam in mein anderes Ohr.
Ich sehe ihn stirnrunzelnd an und rücke ein Stück von ihm ab.
»Sie sollen mit den Sachen aufpassen, weil sie gefährlich sind«, sage ich leise.
Er deutet mit dem Kinn nach unten. »Der Anführer – kennst du ihn?«
Ich nicke. Und Chan nickt auch.
»Wer ist das?«, drängt Adam.
»Ion«, flüstere ich heiser. »Sein Name ist Ion.«
Im Vogelturm
Vor uns öffnet sich unvermittelt ein Platz. Von seinem Rand aus steigt der Boden leicht zur Mitte an. Quer durch den Platz verläuft der Fluss in einem Graben und verschwindet in einer sichelförmigen dunklen Öffnung im Boden. Darüber ragt ein einzelner mächtiger Turm in die Höhe. Dieser Bau erscheint mir größer als alle anderen. Aber vielleicht täuscht mich nur der Abstand, den die umliegenden Bauwerke zu diesem halten. Es wirkt fast, als hätten sie alle Ehrfurcht oder gar Angst vor dem Einzelgänger in ihrer Mitte.
Khi geht zielstrebig auf den Sockel des Turmes zu. Wir folgen ihr langsam, die Augen emporgerichtet zur Spitze des Bauwerks, die fern über uns in den Schleiern der Regenwolken verborgen ist.
Als ich den Blick senke, steht Khi vor einer breiten dunklen Öffnung, die sich in dem glatten Stein des Sockels aufgetan hat.
Im Inneren höre ich das Wispern der Vögel.
Khi dreht sich zu uns um. »Seid ihr bereit?«
»Ja!« Der Captain starrt mit fiebrigem Blick in das Dunkel des Einganges.
Libaax nickt knapp.
»Ich weiß zwar nicht wofür«, knurrt Shabeel, »aber: Bereit!« Er fasst nach seinem Gewehr.
»Ich muss euch bitten, eure Waffen hier abzulegen«, sagt Khi.
Shabeel lässt einem Protestlaut hören, doch der Captain wirft ihm einen durchdringenden Blick zu, während er seine eigene Waffe vom Rücken schnallt.
»Ihr könnt sie hier neben der Tür ablegen«, sagt Khi. »Keiner wird sie wegnehmen.«
Widerwillig leisten Shabeel und Libaax Folge, und schließlich liegen drei Gewehre, drei Pistolen und vier Messer – auch ich habe meines abgegeben – an der Wand neben dem Eingang.
»Kommt!«
Wir treten ein und stehen im Halbdunkel eines kleinen rechteckigen Raumes. Es ist eine Schleuse, ganz ähnlich wie die im Brückenturm, durch die Ka mich in die Stadt gebracht hat. Sie ist leer – bis auf die Wolke von Vögeln, die uns aufgeregt umschwirrt.
Ihre flüsternden Stimmen sind in meinem Nacken, in meinen Ohren, in meinem Kopf.
»Ihr begehrt Eintritt in die Wohnstadt der Götter?«, fragen sie.
»Ihr kommt in Demut und in Frieden?«
»Ihr kommt mit leeren Händen und mit freundlichen Worten?«
Die drei Männer bemerken, dass Khi und ich unsere Aufmerksamkeit auf etwas in der unmittelbaren Nähe richten. Sie sehen sich beunruhigt um.
Da hebt Khi ihre leeren Hände nach vorn und legt den Kopf in den Nacken. Mit einem Seitenblick fordert sie uns auf, es ihr gleichzutun. Dann wendet sie sich an die flüsternden Vögel.
»Wir begehren Eintritt in die Wohnstadt der Götter«, spricht sie mit ruhiger Stimme. »Wir kommen in Demut und in Frieden. Wir kommen mit leeren Händen und mit freundlichen Worten.«
Die Vogelstimmen vereinen sich zu einem Chor, der feierliche Worte einer unbekannten, uralten Sprache intoniert. Der Gesang vermischt sich mit dem tiefen Grundton der Türme über der Stadt zu einer fremdartigen Harmonie, furchteinflößend und erhebend zugleich.
Das Eingangstor hinter uns schließt sich langsam.
Es wird dunkel.
Die Vögel sind verstummt, ihr Flüstern und Flattern und ihr Gesang ist fort. Unser nervöses Atmen und das Scharren von Stiefeln hallt jetzt durch den kleinen Raum.
»Und was nun?«, fragt Shabeel ärgerlich. Ein Rascheln und Klimpern erklingt – offenbar nestelt er an seinem Gürtel herum. »Ich wusste doch, dass ich meine Taschenlampe nicht umsonst mitgenommen habe…«
»Nein. Bitte wartet.« Khis Stimme ist laut und bestimmt.
In der darauffolgenden Stille spüre ich in meinem ganzen Körper jetzt wieder das Kribbeln, wie zuvor, als mich Ka vom Brückenturm nach unten gebracht hat.
Jemand räuspert sich.
Der Raum klingt jetzt anders, ohne Hall, als hätte er sich vor uns geweitet. Ein kleines schwaches Licht erglimmt über unseren Köpfen, ein Lichtstein, der kaum merklich ein Stück der Wand erhellt. Darunter bildet sich jetzt langsam ein Rechteck aus tiefster Dunkelheit.
Die innere Schleusentür hat sich geöffnet.
Ein eisiger Lufthauch wallt mich an, bitter und scharf. Jedes einzelne Haar an meinem Körper richtet sich auf.
»Bleibt dicht hinter mir«, sagt Khi. »Auf der anderen Seite ist es noch eine Zeitlang dunkel. Aber weiter drinnen werdet ihr sehen. Folgt immer meinen Schritten.«
Sie setzt sich in Bewegung. Für einen Augenblick erscheint ihr Kopf und ihre Schultern im geisterhaften Schein des Lichtsteines – dann wird sie von der Schwärze jenseits des Einganges verschluckt.
Das Tappen Khis nackter Füße auf dem glatten Boden ist kaum zu hören durch die schweren Schritte der Stiefel vor und hinter mir.
Meine Hände tasten in die Schwärze. Ich fühle den Stoff eines Anzuges und dränge mich an seinem Träger vorbei, um zu Khi aufzuschließen.
»Khi?«, frage ich mit banger Stimme. »Gib mir deine Hand.«
Sofort spüre ich ihren sicheren Griff. Und wie sie mich jetzt durch die Dunkelheit führt, frage ich mich, ob ihr die Vögel magische Kräfte verliehen haben.
Von Zeit zu Zeit wendet sie sich beim Gehen nach hinten, um zu fragen, ob noch alle da sind. Und ohne eine vorherige Vereinbarung antworten die drei Männer jedes Mal nacheinander laut und deutlich mit »Ja!«.
Flucht zum Rand
Von draußen nähert sich das gurgelnde Heulen des Shentong.
Chan und Adam ducken sich in ihrem Versteck. Der Regenvorhang vor der Schleuse blitzt hell auf, dann rauscht der Flugapparat in den Hangar und bremst sofort stark ab. Regenwasser schwappt auf den Boden, heißer Dampf steigt auf.
Die Scheinwerfer des Fahrzeugs erlöschen. Der Ausstieg öffnet sich und die Treppe klappt herunter.
Nervös blickt Adam zwischen dem Shentong und dem inneren Zugang zum Hangar hin und her. Doch niemand aus dem Schiff kommt herein, um die Passagiere abzuholen.
Raafa steckt den Kopf aus dem Ausstieg. Dann eilt er die Stufen herunter. Gleich darauf folgt Shabeel. Die beiden durchqueren den Hangar im Laufschritt und verschwinden durch den Ausgang.
Wortlos springt Adam hoch und rennt auf den Shentong zu.
Chan richtet sich auf und holt tief Luft.
»Okaaay«, stöhnt sie gedehnt.
Und fängt an zu laufen. Die Treppe ist schon halb oben, als sie den Shentong erreicht, und Chan muss hochspringen, um die Einstiegsluke zu erreichen.
Der Antrieb heult laut auf.
Adam sitzt am Steuer; er beachtet sie nicht, als sie sich auf den Sitz neben ihm fallen lässt. Sein Blick ist auf die Konsole gerichtet, seine Hände bewegen sich darüber, sicher und präzise, als wären sie direkt mit der geheimnisvollen Kraft dieser Maschine verbunden.
In diesem Augenblick erinnert er Chan an den alten Adam, an den verbissenen Adam an Bord der ersten U-DYS, der nur Sinn für die Technik hatte und nicht für die Menschen um ihn herum. Und an den Prediger, der sie als Kind mit grundlosem Hass gestraft hatte. Dieser Adam war noch schlimmer als jener, der Chan später entführt und in seinem Haus gefangen gehalten hatte. Denn während sie als Kind nie begriffen hatte, warum dieser Mann sie so schlecht behandelte, konnte sie ihre spätere Entführung nachvollziehen als die Aktion eines krankhaften, aber methodisch handelnden Geistes-
Mit einem harten Ruck, der Chan nach vorne wirft, setzt Adam rückwärts aus der Schleuse. In einem weiten Bogen schießt der Shentong mit dem Heck voraus in die düsteren Regenwolken über dem Berg.
Dann drückt es Chan plötzlich heftig nach hinten in den Sitz, als Adam abbremst und das Fahrzeug in die Gegenrichtung beschleunigt. Sie brechen aus der finsteren Wolkenhaube des Gipfels, rasen weg vom Berg hinaus in den lichten Raum zwischen Himmel und Meer.
Chan lehnt sich zum Fenster und schaut hinunter. Die Wasseroberfläche fliegt unter ihnen dahin, ein sandiger Küstenstreifen, Palmen, Felsen, Grasland, Bäume, ein Fluss – so schnell, dass Chan schwindlig wird. Alles rüttelt und ächzt, der Lärm des Antriebs erfüllt die Kabine so laut, als würde der Flugapparat jeden Augenblick zerspringen.
Sie schließt die Augen. Dann öffnet sie sie wieder ein kleines Stück und späht, ohne den Kopf zu drehen, hinüber zu Adam. Der hängt über der Konsole, den stieren Blick aus dem Fenster vor ihm gerichtet. Er drückt den Steuerknüppel bis zum Anschlag nach vorne durch.
»Wohin?«
Ihre Frage geht im Lärm unter. Sie holt tief Luft und schreit dagegen an: »Wohin bringst du uns?«
Adam reagiert nicht. Chan streckt die Hand aus und berührt ihn am Arm. Ein wilder Blick trifft sie, fremd und befremdet, als sähe er sie gerade zum ersten Mal. Chan deutet nach vorne, hebt die Augenbrauen und breitet die Hände aus. »Wohin?«, brüllt sie.
Er schaut wieder nach vorne. »Über die Berge«, liest sie mehr von seinen Lippen ab, als ihn zu hören. »Weg vom Schiff. Weg vom COM.«
Vor ihnen erhebt sich das Waldland, baumbestandene Hügel und dichte dunkle Hänge, aus denen Dunst emporsteigt. Adam zieht den Shentong nach oben und jagt ihn durch die wirbelnden Nebelfetzen.
Chan hat keine Ahnung, wo sie sich befinden. Keine Menschen sind zu sehen, keine Siedlungen und keine Bauten, keine Türme auf den kahlen Kuppen – sie befinden sich über Niemandsland.
Sie beobachtet Adam aus den Augenwinkeln. Sein stierer Gesichtsausdruck macht ihr Angst. Sie versucht, über das COM eine Verbindung zu mir herzustellen. Aber ich melde mich nicht! Stattdessen erreicht sie Deepak.
»Deepak!« Unwillkürlich ruft sie seinen Namen laut aus. »Wie geht es dir? Was machen sie mit euch?«
Da spürt sie Adams Hand an ihrem Arm. Er packt sie brutal und rüttelt sie.
»Adam!«, schreit Chan entsetzt auf. »Was hast du?«
»Nicht! NICHT!!« Seine Stimme klingt wie das Brüllen eines Tieres. Er schneidet schreckliche Grimassen und greift unbeholfen nach ihrem Kopf, als wolle er ihr das Netz herunterreißen.
Erst in diesem Augenblick fällt ihr auf, dass Adam selbst kein Netz mehr trägt!
Ihr Magen krampft sich schmerzhaft zusammen.
Wann hat er es abgenommen?
Sie ist sicher, dass er es noch trug, als sie vorhin zu ihm in den Aufzug stieg.
Sie weicht vor seiner rudernden Hand zurück und drängt sich zwischen den Rand ihres Sitzes und die Einstiegsluke.
Wieder schreit sie entsetzt auf, als sie aus dem Fenster blickt. Sie deutet nach vorne: Eine schroffe Felswand rast auf sie zu.
Adam wendet sich fahrig der Konsole zu. Er packt den Steuerknüppel und zieht den Shentong ruckartig nach oben. Chan kreischt auf. Sie schießen senkrecht in die Höhe, über den Rand der Felswand hinaus. Gegen die Gewalt, mit der sie in den Sitz gedrückt wird, dreht Chan den Kopf zum Seitenfenster. Weit unten sieht sie das Land jenseits der Felskante: weitere ausgedehnte Waldgebiete, die sich zum Horizont hin immer tiefer absenken.
Der Antrieb dröhnt und heult und überdreht unter der Last, die er an der Grenze seiner Kraft mit Höchstgeschwindigkeit zum Himmel hinaufbefördert. Chan sieht das steinerne Dach der Welt auf sich zu rasen – und für einen Augenblick wird ihr schwarz vor Augen.
Dann lässt der Lärm und das Rütteln mit einem Mal nach.
Adam hat den Antrieb gedrosselt, sodass sich ihre Flugbahn langsam nach unten neigt.
In der plötzlichen Stille schwebt Chan mit geschlossenen Augen über ihrem Sitz. Sie hört Adams Stimme. Doch es sind nur unartikulierte bösartige Laute, die er ausstößt. Sie wagt einen vorsichtigen Blick. Er hat seinen Blick wieder nach vorne gerichtet und knurrt und fletscht die Zähne.
°| »Deepak?« |°
Sie denkt es lautlos. Aber die Verbindung ist abgerissen, das COM ist tot.
Auf dem Weg nach unten gewinnt der Shentong wieder an Geschwindigkeit. Sie rasen an den abfallenden Hängen der Wasserscheide entlang; der Horizont kommt schnell auf sie zu – und bleibt unter ihnen zurück, als der Shentong hinaus über die Abbruchkante des Waldlandes in die leere flimmernde Luft schießt.
Unter ihnen liegt die Wüste.
Weit vor ihnen lösen sich Land und Himmel ineinander zu einem neuen Horizont auf, einer unscharfen Schicht von waberndem dunklem Gemisch, das träge zu fließen oder schwer zu atmen scheint. Die Hitze in der Kabine ist plötzlich unerträglich. Etwas riecht verschmort.
Adam drückt erneut das Steuer nach vorne und lässt den Shentong fast senkrecht hinunter stürzen. Erst kurz vor dem Boden bringt er ihn wieder auf einen horizontalen Kurs dicht über den Dünen. Wieder beschleunigt er so heftig, dass Chan übel wird. Panik kriecht ihren Nacken hoch. Was hat Adam vor? Was ist mit ihm los?
Er starrt wie gebannt nach vorne aus dem Fenster in die rasende heiße Leere über der Wüste. Er scheint in eine Trance gefallen zu sein, in den Einfluss eines Soges, der ihn unerbittlich hinaus zum Rand zieht.
Chan versucht noch einmal, ihn anzusprechen, doch er reagiert nicht mehr. Er sitzt nur da, vornübergebeugt, die schmalen Augen auf einen Punkt in der Ferne gerichtet. Er kümmert sich nicht mehr um die Steuerung, sondern gibt sich nur noch dem Sog der Geschwindigkeit hin, die ihn wie ein Sturmwind in einer geraden Linie über die Staubwellen auf das finstere Ende dieser Welt zu trägt.
Bände 1 – 3
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